Männer als potentielle Bedrohung? Sollte man mal drüber nachgedacht haben.
Sonntag, 10. Juli 2011 | Autor: Nico
Jörg Rings hat einen Artikel geschrieben: Skeptizismus/Atheismus, Feminismus und wie Richard Dawkins sich ins Aus trollte.
Kurzfassung der Story, so wie ich es momentan überblicke: Rebecca Watson erzählt von einem Typen, der sie Nachts um 4 im Aufzug angesprochen hat, ob sie auf nen Kaffee auf sein Hotelzimmer kommen möchte. Daraufhin entspinnt sich eine Diskussion darüber, ob das denn wirklich so schlimm sei. Richard Dawkins verweist schroff auf Muslima, die tatsächlich körperlich leiden im Gegensatz zu Rebecca, bei der es um Befindlichkeiten gehe. Ich persönlich denke, dass es sinnlos ist, diese beiden Welten miteinander zu vermischen, denn sie haben in der Praxis kaum etwas miteinander zu tun, sind aber letztlich beide wichtig.
Rebeccas Problem ist insofern spannender, als das es eins ist, dass ich, vielleicht auch die Gesellschaft als solche, bisher nicht wirklich auf dem Schirm hatte. Hier aber erstmal das Video, auf das Jörg verweist. Bei 2:20 gehts los:
PS: Es nimmt bezug auf dieses Panel:
Jörgs Rhetorik („Vergewaltigungskultur”, „Solange ihr ein Unbekannter seid, seid ihr Schrödingers Vergewaltiger.”) lehne ich ab, da er mich damit vorverurteilt (auch wenn solche Schlagworte vielleicht mehr Leser bringen). Aber davon abgesehen scheinen mir die Links dort durchaus lesenswert! Da es im Moment recht spät ist, werde ich hier nur die posten, die ich selbst gelesen habe:
- There Are No Perfect Accusers. - Kernaussage: Die Gerichte stellen an Vergewaltigungsopfer höhere bzw. weiter hergeholte Glaubwürdigkeitsanforderungen als an andere.
- Instruktiver Kommentar, fand Florian (steht bei Jörg in den Kommentaren)
- Schrödinger’s Rapist: or a guy’s guide to approaching strange women without being maced - Wann und warum Frauen einen Mann als Bedrohung empfinden und man daher Abstand wahren sollte.
Update
Zum „Schrödinger’s Rapist”-Artikel habe ich mal in der Wikipedia nachgeschlagen:
Genaue Zahlen sind aufgrund einer hohen Dunkelziffer nicht bekannt. Eine Bevölkerungsbefragung in Deutschland zeigte, dass 14,5 Prozent aller Frauen mindestens einmal im Leben Opfer eines sexuellen Übergriffes werden.1
Wenn ich vereinfachend eine gefährliche Altersspanne von 40 Jahren annehme, macht das auf ein Jahr gerechnet eine Wahrscheinlichkeit von 1 zu 267. Zum Vergleich: Die Wahrscheinlichkeit, Opfer eines Verkehrsunfalls zu werden liegt bei ca. 1:2002. Das sind jetzt natürlich nur grobe Abschätzungen, die allenfalls als schneller Realitätsabgleich taugen. Insbesondere ist nicht so klar, was alles unter „Sexueller Übergriff” fällt. Aber es ist auch klar, dass es da nach wie vor ein Problem gibt.
Was also tun? Jede Situation meiden, in der sich Frauen bedroht fühlen könnten? Jörg meint ja, man solle Frauen nachts am besten ganz meiden, aber WolfgangK in den Kommentaren dort macht auch klar, dass die Realität da Grenzen setzt:
Bei einer Körpergröße von 195cm erlebe ich es fast täglich, dass irgendwer, der vor mir den gleichen Gehweg benutzt, verunsichert zurückblickt, obwohl ich mindestens 10m von ihm oder ihr entfernt bin. Täglich mehrmals muss ich dienstlich einen ca. 100m kurzen Weg (tagsüber!) zurücklegen, und nicht wenige Frauen fühlen sich nach spätestens 3 Sek. verunsichert, wenn sie rein zufällig vor mir gehen. Man merkt das am unsicheren Gang und vor allem daran, dass sie sich verstohlen umdrehen. Dieser Weg jedoch ist ein belebter Bürgersteig mit starkem Menschen- und Kraftfahrzeugaufkommen. Aber es spielt keine Rolle, die Damen sind ob meiner Körpergröße spürbar verunsichert, auch wenn noch mindestens 20 Personen sich im unmittelbaren Bereich aufhalten. Am schlimmsten ist es jedoch im Winter. Trotz gleichstarkem Menschen- und Verkehrsaufkommens verfallen manche Damen bei früheinsetzender Dunkelheit gar in Panik. […]
Es ist halt kniffelig. Auch weil die Realität in diesem Punkt dem Gleichstellungsgedanken entgegensteht. Das Geschlecht meines Gegenüber sollte eben keine Rolle spielen, oder zumindest keine große Sache sein. Ist es aber halt doch, weil es offenbar noch genug Arschlöcher gibt, die uns hier unsere Realität versauen. Insofern kann man im Grunde wohl nicht viel machen außer solchen Leuten klar zu machen, dass ihr Verhalten nicht akzeptabel ist und, zumindest bis die Kriminalitätsstatistik Entwarnung gibt, ein bisschen darauf achten, dass man selbst nicht bedrohlich wirkt.
Was mich persönlich in diesem ganzen Thema irgendwie lähmt ist, dass ich als Einzelperson eigentlich keine Möglichkeit sehe, irgendwas von dem, was ich hier geschrieben habe, neutral nachzuprüfen, da die Frage selbst schon recht persönlich ist und ernsthaft Betroffene wahrscheinlich eher schweigen werden, was das Ergebnis völlig verzerren würde.
- P. Wetzels, C. Pfeiffer: ”Sexualisierte Gewalt gegen Frauen im öffentlichen und privaten Raum.” In: ”Materialien zur Frauenpolitik.” Band 48. BMFSFJ, Bonn 1995 ↩
- http://de.wikipedia.org/wiki/Autounfall#Unfallstatistik_Deutschland ca. 0,4 Mio Opfer auf 80 Mio Einwohner. Dieser Durchschnittswert ist allerdings eine recht grobe Näherung, da die Wahrscheinlichkeit vermutlich stark von lokalen oder persönlichen Faktoren abhängt. ↩