Netizens vs. Internetausdrucker - Sind wir wirklich besser?
Donnerstag, 12. Mai 2011 | Autor: Nico
Ich habe mich neulich gefragt, ob ich als Internet-Intensivnutzer eigentlich tatsächlich besser informiert bin, als der typische Internetausdrucker. Zu gerne würde ich denken, dass dem so sei. Schließlich bin ich quasi umgeben von Information und Kommunikation!
Andererseits… Alle Menschen sind gleich, oder? Wäre es nicht ein furchtbar arroganter Fehler, zu glauben, dass ich überhaupt in irgendeiner Art und Weise besser wäre als andere - nur weil diejenigen mit dem Internet weniger anfangen können als ich?
Zunächst zur Anfangsfrage: Bin ich als Netizen besser informiert? Ich weiß ja nicht. Klar kenne ich mich gut mit dem Zugangserschwerungsgesetz, freien Lizenzen und digitalen Bürgerrechten aus. Aber von manchen Dingen, die in meiner Stadt oder Uni passieren, erfahre ich erst dadurch, dass jemand am anderen Ende der Republik zufällig darüber twittert. Doch auch überregionale Themen können vollständig an mir vorbei rauschen. Gesundheitsreform? Keine Ahnung, was da läuft… oder lief? Ich bin wohl doch eher anders informiert - nicht besser.
Eine Zeit lang dachte ich, dass Twitter1 ein guter Nachrichtendienst wäre. Er sammelt bestimmt viel Information an - und wenn mal jemand Mist erzählt, findet sich immer einer, der’s korrigiert. Ein prima Filter!
In der Praxis steht man allerdings vor dem Problem, dass sich längst Hierarchien gebildet haben, in denen einige Wenige sehr viel Einfluss haben, die anderen dagegen sehr wenig. Wenn beispielsweise ein Mario Sixtus irgendwas twittert, dann erreicht das etliche Tausend Leute. Wenn ich anderer Meinung bin und das twittere, dann erreiche ich damit vielleicht 40. Das macht es schwer, berechtigte Kritik zu verbreiten, wenn man selbst keiner der Top-100 Twitterer ist (oder schlicht nicht bei Twitter angemeldet ist).
Ein verwandtes Problem: Twitter ist ebenso anfällig für Hysterie, Populismus und Stammtischparolen, wie die analoge Welt auch. Beim GAU in Fukushima konnte man das sehr schön sehen. Sofort wurde die ganze Hysteriepalette aufgetragen: Die Arbeiter wären ja zum Tode verurteilt und es sei bereits jetzt ein Super-GAU und alle KKW müssen jetzt sofort vom Netz und Tokio wäre bedroht und alles wäre noch viel schlimmer als Tschernobyl2! Insgesamt war Twitter da keinen Deut besser als die traditionellen Medien. Auch im Netz gibt es eben Stammtischparolen. Es sind zwar andere - aber es gibt sie.
Die Netzgemeinde zeigt nicht selten dasselbe Verhalten, das wir bei Printmedien oder Politikern stets bemängeln. Das unreflektierte Gelaber, die uneingestandenen Fehler, die herablassende Arroganz gegenüber den weniger Wichtigen, die befremdliche Freude, wenn jemand niedergemacht wird (heißt dann Rant), die giftigen Reaktionen, wenn Kritik kommt.
Alle Menschen sind gleich.