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Rolle von Tagesschau.de im EHEC-Mediendesaster

Mittwoch, 8. Juni 2011 | Autor:

Die Tagesschau.de-Schlagzeile vom 25.05.2011

RKI warnt vor Gemü­se aus Norddeutschland

Im Arti­kel wird das noch ein­mal abgewandelt: 

Das Robert Koch-Insti­tut (RKI) warn­te nun vor dem Ver­zehr die­ser Gemü­se, wenn sie in Nord­deutsch­land ange­baut wurden. […]

und es wird mehr­fach erwähnt, dass alles nicht sicher ist, ins­be­son­de­re nicht, „ob das Gemü­se in Nord­deutsch­land nur gekauft, oder auch ange­baut wor­den ist”, auch Ilse Aigner wird mit mäßi­gen­den Wor­ten zitiert. Die Web­site des RKI warn­te der­weil sehr sach­lich und voll­stän­dig:

Vor dem Hin­ter­grund des noch anhal­ten­den, gra­vie­ren­den Aus­bruchs­ge­sche­hens mit zum teil schwe­ren gesund­heit­li­chen Fol­gen emp­feh­len RKI und BfR über die übli­chen Hygie­ne­re­geln im Umgang mit Obst und Gemü­se hin­aus, vor­sorg­lich bis auf wei­te­res Toma­ten, Salat­gur­ken und Blatt­sa­la­te ins­be­son­de­re in Nord­deutsch­land nicht roh zu verzehren.

Den­noch wähl­te man eine Über­schrift, die nicht etwa vor Toma­ten, Gur­ken, Salat­köp­fen in Nord­deutsch­land warnt, die even­tu­ell gefähr­lich sein könn­ten, falls man sie roh isst, son­dern eine Über­schrift, die pau­schal vor sämt­li­chem Gemü­se warnt, das aus Nord­deutsch­land kommt, egal ob gegart oder roh. Dabei war völ­lig klar, dass eine unacht­sam for­mu­lier­te Schlag­zei­le mas­si­ve Vor­be­hal­te beim Ver­brau­cher wecken würde!

Am nächs­ten Tag dann folgendes

Ein­nah­me­ver­lus­te durch miss­ver­ständ­li­che EHEC-Warnung

Aber wer Selbst­kri­tik erwar­tet hat, wird ent­täuscht. Statt­des­sen schiebt tagesschau.de dem RKI die Schuld in die Schuhe:

Meck­len­burgs Land­wirt­schafts­mi­nis­ter Till Back­haus kri­ti­sier­te kon­kret das Vor­ge­hen des Koch-Insti­tuts, das wegen EHEC sofort vor dem Ver­zehr von Toma­ten, Salat und Gur­ken in Nord­deutsch­land abge­ra­ten hatte.

Am 7.6. dann wur­de ein Inter­view mit Klaus Weid­mann ver­öf­fent­licht, des­sen Ant­wor­ten ich ges­tern schon einen eige­nen Arti­kel gewid­met habe. In die­sem Inter­view fragt tagesschau.de:

In Ihrem Arti­kel beschrie­ben Sie einen Fall in den USA: Nach­dem sich dort 1997 15 Men­schen mit EHEC infi­zier­ten, und zum Glück kei­ner starb, zogen die Behör­den 25 Mil­lio­nen Ham­bur­ger aus dem Ver­kehr. Wie­so gibt es in Deutsch­land nicht der­ar­ti­ge Ver­su­che, die Bevöl­ke­rung zu schützen?

Gleich­zei­tig, auf der Hauptseite:

Wie kann man als ehr­li­cher Jour­na­list ein der­ma­ßen wider­sprüch­li­ches Welt­bild pro­pa­gie­ren? Und dann noch der­art schein­hei­li­ge Fra­gen auf Bild-Niveau stellen?

Die Qua­li­tät des rest­li­chen Inter­views ist auch unter aller Kano­ne. Dabei hät­te tagesschau.de ohne wei­te­res erken­nen kön­nen, dass die Ant­wor­ten Weid­manns nicht ver­wert­bar sind. Sei­nen Vor­wurf , Deutsch­lands For­schung hän­ge mas­siv zurück, wird bereits im „RKI warnt …”-Arti­kel wie­der­legt. In dem dar­in ein­ge­bet­te­ten Video wird direkt ein Wis­sen­schaft­ler genannt, der sich seit 30 Jah­ren mit dem Erre­ger befasst. Tagesschau.de wuss­te auch, dass die Erkennt­nis­se Weid­manns auf einem über zehn Jah­re alten Arti­kel fußen und damit poten­ti­ell hoch­gra­dig über­holt sein kön­nen - zumal Wei­de­mann selbst kein Natur­wis­sen­schaft­ler ist, son­dern Poli­to­lo­ge und Redak­teur aus den Rei­hen der ARD.

Ist das die Qua­li­tät, die ich in Zukunft von der ARD zu erwar­ten habe? Inkon­sis­ten­te, lücken­haf­te Hys­te­rie, ange­rei­chert mit ver­al­te­ter Pole­mik eines fach­frem­den Ex-„Experten”?

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