Freiheit statt Angst 2010 in Wort und Bild
Sonntag, 12. September 2010 | Autor: Nico
Am Samstag war ich zum erstmal mal auf der Freiheit-statt-Angst Demo. Vor allem das aus purer Ignoranz geborene Zugangs„erschwerungs„gesetz hat mich dazu bewogen. Für die Opfer ein in seiner Unwirksamkeit geradezu lächerliches Gesetz. Für die Informationsfreiheit ein weiteres Damokles-Schwert.
Padeluun eröffnete die Demo, wies nochmal auf die Pflichten und Rechte der Demoteilnehmer hin. Im Hinblick auf mögliche Probleme mit der Polizei meinte er, dass es sinnvoll sei, wenn „ihr euch vielleicht ne Dienstnummer geben lasst… aber vielleicht nicht drauf besteht ;)”.
Team Grün hat sich allerdings die ganze Zeit über zurückgehalten, aufmerksam beobachtet, machte aber ansonsten einen gut gelaunten Eindruck, zumindest soweit ich das gesehen habe. Verstöße gegen das Vermummungsverbot oder das Tragen von Glasflaschen gab es hier und da, aber es wurde nicht eingegriffen.
Zum Schluss standen sich wohl doch noch schwarzer Block und Polizei gegenüber, padeluun hat aber diplomatisch reagiert „Lasst euch von der Polizei nicht provozieren” und die Polizei dann auch gebeten, als kleines Zeichen des Vertrauens die Visiere hochzuklappen. Erst aus den Nachrichten habe ich erfahren, dass einer festgenommen wurde, weil er einen Böller auf die Polizei geworfen habe.
Erste Rednerin war Anne Roth, deren Freund und somit sie selbst überwacht wurden und offenbar werden. Eine gute Erinnerung, dass Überwachung kein abstraktes Modell ist, sondern tatsächlich geschieht und zwar auch bei unbescholtenen Bürgern. Näheres kann in ihrem Blog nachgelesen werden. Außerdem stehen alle Reden auf freiheitstattangst.de online.
Danach kam Bsirske von ver.di, der unter anderem auf das neue Gesetz zum Arbeitnehmer„datenschutz” hinweist, welches im Falle des Beschlusses den Datenschutz nicht verbessern, sondern die bisher datenschutzwidrigen Maßnahmen wie Videoüberwachung, lediglich legalisieren würde.
Dritter Sprecher ist Martin Grauduszus, Präsident der Freien Ärzteschaft. Er beklagt die Datensammelung im Rahmen der elektronischen Gesundheitskarte, die den gläsernen Patienten Realität werden lasse. Ob der Vergleich mit der Vorratsdatenspeicheurng sinnvoll ist, weiß ich nicht. Tatsächlich bin ich der Meinung, dass eine solche Karte früher oder später kommen wird. Dennoch kann ich ihn verstehen, wenn er Bedenken beim Datenschutz hat - die aktuelle Politikergeneration hat schlicht zu wenig Ahnung von Informatik, als dass man ihr in dieser Frage auch nur den kleinen Finger reichen mag.
Als Demo-Unerfahrener habe ich mich einfach an den Wagen des FoeBuD gehalten. Auf deren Wagen war wieder eine Datenkrake, die nach Datenfischen langte. Witzige Idee, fand ich!
Bei diesem Foto, wie auch den weiteren, habe ich die Teilnehmer großzügig anonymisiert. Vermutlich wäre das gar nicht nötig, aber ich möchte hier einfach auch einen Kontrapunkt zur Selbstüberwachung mancher Teilnehmer setzen. Es wurde überall gefilmt was das Zeug hält und die ersten HD-Videos sind auch schon bei Youtube - was soll das? Dabei war eine wichtige Forderung nach der letztjährigen Demo die, dass die Polizei keine anlasslose Videoüberwachung einsetzt, wie es auch im Gesetz steht. Unklar.
Vor dem Wagen lief die Fraktion der schwarzgekleideten Linksaußen. Die bogen dann irgendwann in Richtung eines Wohnhauses ab - um dort durch einen Durchgang auf dessen Rückseite und somit weg von der offiziellen Demoroute zu kommen? Keine Ahnung. Die nachfolgenden Wagen mussten sich halt durch den Stau aus Antikapitalisten kämpfen. Einer skandierte fröhlich „Bei Lidl gib’t kein Bier!”, danach habe ich die Leute nicht mehr gesehen.
Hier mal ein paar Schilder von der Demo. Ich habe dann überlegt, was man noch für Sprüche bringen kann und mir fiel „RTFGG” ein! Ich freue mich gerade über diese Idee, da kommt mir auch schon einer mit nem „RTFGG”-Shirt entgegen. „Nur Diktatur braucht Zensur” gab es auch noch.
Ein gutes Gefühl, unter Leuten zu sein, die das selbe denken.
Zur Abschlusskundgebung wurde eine Teilnehmerzahl von 7500 bekannt gegeben. Es gab noch zwei Redebeiträge, insbesondere von Monty Cantsin, der unsere zentralen Forderungen nochmal klar und mitreißend zusammenfasste.
Es hat sich gelohnt zu kommen, denke ich. Wir haben gezeigt, dass wir auch ohne klares Feindbild tausende Leute auf die Straße kriegen, die sich durch ein bisschen Ämterrotation nicht über die in der Vergangenheit klar formulierten Absichten und Taten der Politiker hinweg täuschen lassen, dass wir weiterhin genau darauf schauen werden, was die Leute im Bundestag beschließen.