Unique Content in Deutschlands Bloggerszene
Montag, 31. Januar 2011 | Autor: Nico
Holgi1 meinte heute bei NSFW, dass seinem Gefühl nach die wenigsten Blogs in Deutschland „Unique Content” produzieren, sondern im Wesentlichen nur wiederkäuen, was anderswo passiert ist2. (Volles Zitat siehe unten)
Das kann auch gut gehen - manche Artikel kramen wirklich spannende Hintergrundinfos aus und liefern neue Blickwinkel, sodass diese Berichterstattung an sich schon einen Wert hat3.
Aber davon mal abgesehen - wenn ich mir angucke, wer bei Wikio die Top-Blogs sind, sehe ich abseits der klassischerweise kreativen Kategorien kaum Blogs, die aus sich selbst heraus etwas produzieren.
Vielleicht ist das einfach die Art, wie die Welt nunmal ist - mit dem Sammeln anderer Leute Content gewinnt man nunmal sehr einfach Nutzer - schön ist es trotzdem nicht.
Dabei geht es auch anders! Bei Scienceblogs zum Beispiel gibt es immer wieder allgemeinverständliche Artikel zu den Grundlagen und Forschungsvorhaben der Fachgebiete der jeweiligen Blogger. Anderes Beispiel, dass Holgi auch gebracht hat, sind Tims Podcasts4, die wirklich eine einzigartige Quelle an Wissen bzw. Unterhaltung darstellen. Aber es muss gar nicht immer primär um Wissen gehen - auch private oder berufliche Erlebnisse können einmalig unterhaltsam und lehrreich sein!
Die Frage ist immer: Gibt es etwas, dass ich aus genau diesem Blog mitnehmen kann, das für mich auch morgen noch einen Wert hat?
Was wäre, wenn alle Blogs eine Woche lang keinen Bezug auf andere Quellen im Netz nähmen? Wenn alle gezwungen wären, selbst etwas Neues zu schaffen - selbst etwas zu entwerfen, selbst etwas zu tun?
Update: Das volle Zitat aus NSFW021, ab 117:40sek:
Holgi: Es passiert ja kaum das, was man Unique Content nennt. Das is ja immer nur… ne? Es erzählt ja kaum jemand eigene Geschichten - ist zumindest meine Wahrnehmung. Meine Wahrnehmung ist: Es erzählt kaum jemand eigene Geschichten.
Es wird über Produkte berichtet, die ich selber im Laden ausprobieren kann. Es wird über Zeitungsartikel berichtet, die ich selber lesen kann. Also es is so ’n … komisches, es is immer so ’n Wiederkäuen, was passiert, auf vielen, vielen Webseiten und es wird sich empört über irgendwas, was woanders vorgefallen ist, anstatt dass selber was vorgefallen lassen wird.
Ich glaub das is das erste Problem. Es passiert kaum was Einzigartiges. Sowas wie mobileMacs oder … CRE: Interessante Leute werden befragt. Das ist einzigartig. Das is ’n wertvoller, einzigartiger Content.
Wenn ich mir die deutschsprachigen Blogs so angucke - ja wer ist denn da mal unterwegs und macht irgendwie ’n paar Geschichten? Da geht doch keiner raus!
Mit Sicherheit ist das auch selektive Wahrnehmung, aber…
Tim: Ja - bestimmt! Also ich würde jetzt garnicht da so…
Holgi: … meine selektive Wahrnehmung macht wirklich, dass ich ständig nur Sachen lese, die schon woanders berichtet wurden.
Tim: Vielleicht gibt’s das ja und wir haben das bloß noch nicht entdeckt?
Holgi: Mag sein! Aber wenn du dann hingehst und dir einbildest, du würdest dafür, dass du dich über - keine Ahnung - über Michael Hanfeld, der mal wieder einen schwachsinnigen Artikel in der F.A.Z. geschrieben hat… Dass ich auf meiner Webseite auf diesen schwachsinnigen Artikel von dem Mann reagiere, wenn ich mir dann einbilde, dafür würde mich irgendjemand bezahlen wollen, dass ich das mache - dann habe ich vielleicht irgendwo die Perspektive verloren. Also das ist so ’n bisschen das Problem, dass ich mit der Kommerzialisierbarkeit sehe.
Also du musst schon ’n Produkt haben, dass die Leute haben wollen und das nicht so leicht ersetzbar ist, sonst kriegste da kein Geld für.
- siehe auch https://twitter.com/#!/holgi ↩
- Ja, ich bin mir der Ironie hier bewusst. 😉 ↩
- Wenn das Wort nicht seitens der Presse so demonstrativ entwertet worden wäre, würde man’s „Qualitätsjournalismus” nennen. ↩
- zu denen auch NSFW gehört, siehe oben ↩